LEMMINGS Vor wenigen Wochen habe ich die Mobile-Variante von "Lemmings" für mich entdeckt und bin jetzt süchtig danach. Tatsächlich sind die "Lemmings" allerdings schon seit über 30 Jahren in der Videospiel-Welt angekommen, und bereits als kleiner Grundschüler habe ich - damals noch auf einem alten 386er PC über MS-DOS - das ursprüngliche "Lemmings" begeistert gespielt. "Lemmings" wurde von DMA Design entwickelt, einer schottischen Tochter von Rockstar Games, die heute Rockstar North heißen und sich vor allem auch mit "Grand Theft Auto" einen Namen gemacht haben. Das war allerdings erst 1997, während die "Lemmings" bereits ab 1991 den Markt rockten. Die Geschichte des Spiels geht auf eine Behauptung des Designers David Railly zurück, der der Meinung war, man könne auch mit nur 8x8 Pixeln noch ansprechende Spielfiguren gestalten. Zum Beweis zeichnete er einige niedliche Lemminge, teilweise in den schrägsten Lebenslagen, und tatsächlich nicht größer als 8x8 Pixel. Andere Designer fanden daran Gefallen und zeichneten weitere Lemminge, und so war es nur naheliegend, dass irgendwann die Idee aufkam, aus diesen süßen Tierchen tatsächlich ein Spiel zu machen. 1989 programmierte Russell Key eine erste Demo-Version. Das fertige Spiel, wie es 1991 zuerst für den Amiga und später u.a. auch für den C64, den PC oder das Super Nintendo erschien, spielt sich wie folgt: Aus einer großen Kiste purzeln mehrere Lemminge - zunächst nur etwa zehn Stück, in späteren Leveln können es auch gerne mal bis zu 100 Exemplare sein. Ihr könnt die Lemminge nicht direkt steuern, sie laufen einfach stur geradeaus - wenn sie auf ein Hindernis stoßen, dann drehen sie um, und wenn sie auf eine Falle stoßen, nun ja, dann gehen sie eben hops. Wie gesagt könnt ihr die Lemminge zwar nicht direkt steuern, ihr könnt aber kleinere Arbeitsaufträge an einzelne Lemminge vergeben, die diese dann vorübergehend ausführen. So können die Tierchen beispielsweise Treppen bauen oder Tunnel graben. Damit sie einen Sturz aus großer Höhe überleben, könnt ihr sie mit kleinen Fallschirmen ausstatten, und ihr könnt einzelne Lemminge als Stopper abkommandieren, die dann für alle nachfolgenden Lemminge als Hindernisse fungieren. Indem ihr die Aufgaben geschickt zur rechten Zeit an die richtigen Lemminge vergebt, gilt es so, einen Weg bis zum Ziel zu ebnen, den eine festgelegte Anzahl Lemmings schließlich gehen muss - je nach Level werden zwischen 10 und 99 Prozent der Gesamtanzahl gefordert. Nach dem großen Erfolg des ersten Teils, folgten zahlreiche weitere Lemmings-Spiele: Noch im gleichen Jahr, also ebenfalls 1991, folgte mit "Oh No! More Lemmings" eine Zusatz-Diskette für die PC-Version, die weitere Level enthielt - heute würde man dazu DLC sagen, aber "Downloaden" kannte man damals halt noch nicht. Ebenfalls bereits ab 1991 und bis 1994 erschienen insgesamt vier Episoden von "Xmas Lemmings", einer Sammlung von weihnachtlich angehauchten Leveln, die in der Adventszeit kostenlos zur Promotion verteilt wurden. Eine wirkliche Fortsetzung folgte dann 1993: In "Lemmings 2: The Tribes" gibt es nicht mehr nur unzählige gleich aussehende Lemminge, sonden mehrere unterschiedliche Lemming-Stämme, die sich durch kultige Kostüme voneinander unterschieden. Das ist aber nicht nur ein optisches Schmankerl, nein, jeder Stamm bringt auch verschiedene neue Fähigkeiten mit: Schneller laufen, kleinere Hindernisse überspringen, Bomben werfen oder der coole Super-Lemming, der tatsächlich wie ein kleiner Superheld durch den Level fliegt - nahezu alles ist jetzt möglich! Ich persönlich fand damals allerdings, dass das Spielprinzip mit "Lemmings 2: The Tribes" ein bisschen zu sehr aufgeblasen wird, und bin lieber beim guten alten Original geblieben. Spätestens, als 1995 "3D Lemmings" herauskam und die schönen zweidimensionalen Level damit zu hässlichen 3D-Konstruktionen wurden, habe ich der Reihe schließlich endgültig den Rücken gekehrt, und so habe ich dann auch nichts mehr mitbekommen von "Lemmings Paintball", einer Art frühem "Splatoon" mit Lemmings, und auch nichts von "The Adventures of Lomax", einem 2D-Jump'n'Run mit einer Art römischem Lemming in der Hauptrolle - beide Games erschienen 1996. Vor ein paar Wochen dann allerdings doch mal wieder an die Lemminge erinnert und wollte das Spiel mal wieder ein bisschen zocken. Ich hatte allerdings keine große Lust, die alten Disketten aus dem Keller zu kramen, und es wäre sowieso fraglich, ob sie heute, nach 30 Jahren, überhaupt noch lesbar wären. Auf heutigen digitalen Vertriebsplattformen war das Spiel auch nicht zu finden, nicht auf Steam und noch nicht einmal auf GoG. Schließlich hab ich nur spaßeshalber auch mal im Google Play Store auf dem Handy geschaut und entdeckte so die Mobile-Version aus dem Jahr 2019. Ja, und diese Mobile-Version spielt sich zwar schon ein bisschen anders als das Original, gefällt mir aber doch sehr gut. Das Grundprinzip ist das gleiche geblieben: Mehrere Lemminge purzeln in den Level und müssen sicher zum Ziel geleitet werden. Das Level-Design wurde auf das Hochformat der Mobilgeräte angepasst, und die Aufgaben vergebt ihr nicht mehr an die Lemminge, sondern einzelne Punkte auf dem Spielfeld: Der erste Lemming, der diesen Punkt erreicht, übernimmt einfach die Aufgabe. Das ist besonders beim Fallschirmspringer hilfreich, denn früher musstet ihr jeden einzelnen Lemming, der auf einen Abgrund zu gelaufen ist, manuell mit einem Fallschirm ausstatten - jetzt genügt es, eine einzige Fallschirm-Aktion am Rande des Abgrunds zu platzieren, um sie alle zu retten. Auch der Treppenbauer ist jetzt wesentlich berechenbarer als früher. "Lemmings" für Mobile-Geräte ist zwar zunächst kostenlos, bietet aber natürlich die üblichen Mikrotransaktionen wie heute die meistens Handy-Spiele. Während früher die Aufgaben je nach Level in der Anzahl limitiert waren, habt ihr jetzt prinzipiell unendlich viele von allen Aufgaben zur Verfügung. Jede Aufgabe, die ihr vergebt, kostet allerdings eine Energie, wovon ihr maximal 60 Stück haben könnt. Je nachdem, wie gut ihr spielt, schafft ihr mit einem vollen Vorrat etwa drei bis vier, vielleicht auch mal fünf oder sogar sechs Level. Danach heißt es abwarten: Alle fünf Minuten lädt sich eine Energie gratis wieder auf, nach fünf Stunden ist euer Vorrat wieder voll. Es besteht aber freilich auch die Möglichkeit, sofort neue Energie für Echtgeld nachzukaufen. Auch die Stämme aus "Lemmings 2: The Tribes" haben in die Mobile-Version Einzug erhalten. Sie bringen hier allerdings keine speziellen Fähigkeiten mit, sind aber ein optisches Schmankerl und sprechen einfach das Sammlerherz an: Für einen geschafften Level erhaltet ihr oft ein Ei, das ein zufälliges Stammesmitglied enthält, und das ist so gedacht, dass man dann gerne mal ein bisschen Geld ausgibt, um weiterzuspielen und noch die letzten Lücken in der Sammlung zu stopfen. Hier gilt es einfach, zu widerstehen - was aufgrund der Tatsache, dass die Stämme, wie gesagt, keinen spielerischen Mehrwert bieten, hoffentlich nicht allzu schwer fällt! Zum Schluss noch ein paar wenige Worte zu den biologischen Hintergründen, denn Lemminge gibt es in der Tierwelt wirklich, hauptsächlich in Skandinavien und Kanada. Ein Dokumentarfilm aus den 50er Jahren zeichnete das Bild, dass sich Lemminge gern in großen Massen in den Selbstmord stürzen. Tatsächlich haben die Filmemacher damals diese Aufnahmen nur hergenommen, weil es einfach spektakulär aussieht, wie sich ein Schwall an Lemmingen ins Meer ergießt. Wahr ist aber lediglich, dass Lemminge weite Reisen in großen Gruppen unternehmen, um ihre Nahrung besser aufzuteilen - natürlich kann es dabei auch mal zu Unfällen kommen, so dass eine größere Anzahl Lemminge von einer Klippe fällt, aber das sind dann eben wirklich Unfälle und absolut keine Absicht der Tierchen. Nichtsdestotrotz zeichnete der deutsche Cartoonist Joscha Sauer zahlreiche kultige Lemming-Cartoons im Rahmen seiner Cartoon-Reihe "Nichtlustig", in denen die Lemminge auf die irrsten Methoden versuchen, sich umzubringen, und es sich damit sogar mal mit dem Tod höchstpersönlich verscherzen - der ist letzten Endes nämlich so genervt von den Tierchen, dass er eine Unterlassungsklage lostritt, die den Lemmingen somit quasi verbietet, zu sterben.