KAMERAS IN VIDEOGAMES "New Pokémon Snap" bekommt neuen Inhalt: Letzte Woche wurde überraschend bekannt gegeben, dass das Spiel bereits am 3. August, also morgen, um drei neue Strecken erweitert wird, auf denen ihr insgesamt 20 neue Pokémon ablichten könnt, sowie zahlreiche altbekannte Gesellen in neuer Umgebung vorfindet. Ich habe ja bereits im April, zum Release des Basis-Spiels, mehr als ausführlich über "New Pokémon Snap" gequatscht. Heute soll es daher ganz allgemein um Film- und Foto-Aufnahmen in Videogames gehen. Und bei diesem Thema müssen "Pokémon Snap" und der Nachfolger "New Pokémon Snap" trotzdem ganz vorne mit dabei sein. Die virtuelle Foto-Safari nahm ihren Anfang im Jahr 1999 auf dem Nintendo 64. Spieltechnisch ist es ein Rail-Shooter, denn ihr bewegt euch automatisch einen festgelegten Weg entlang, könnt euch lediglich umsehen, und müsst bestimmte Ziele anvisieren, um schließlich im richtigen Moment abzudrücken. Anstatt einer Knarre habt ihr nur eben einen Fotoapparat in der Hand, und damit gilt es, die Pokémon in ihrer natürlichen Umgebung im Bild festzuhalten. Jetzt, mehr als 20 Jahre später, kam zum ersten Mal ein Nachfolger für den Klassiker heraus: "New Pokémon Snap" erschien am 30. April für die Switch und ist eigentlich immer noch ziemlich aktuell. Schön also, dass bereits jetzt neuer Content nachkommt, und hoffentlich ist es nicht die letzte Erweiterung. "Pokémon Snap" ist aber nicht die einzige Gelegenheit, bei der ihr die Kamera auf Pokémon richten könnt. Seit einem Update im Februar 2019 bietet etwa auch der Mobile-Erfolg "Pokémon GO" eine Foto-Funktion, die es euch erlaubt, AR-Fotos mit euren Pokémon zu schießen, die Monster also in der realen Umgebung in Szene zu setzen. Und wenn ihr nicht nur eure Pokémon, sondern lieber euch selbst im Bild festhalten wollt, dann könnt ihr das in "Pokémon X & Y" tun: In der gesamten Kalos-Region gibt es verschiedene Photo Points, an denen ihr euren Avatar vor einer Sehenswürdigkeit der Pokémon-Welt knipsen könnt. Und auch in "Pokémon Sonne & Mond" hat euer Smart-Rotom eine Foto-Funktion mit an Bord, deren tieferer Sinn sich mir allerdings nie wirklich erschließen wollte. "Pokémon" ist aber freilich nicht das einzige Franchise, in dem es Kameras gibt - ganz im Gegenteil! Tatsächlich ist die Liste so lang, dass ich in diesem Beitrag bestenfalls an der Oberfläche kratzen kann, aber niemals wirklich komplett werden könnte. Es beginnt immerhin schon bei Kleinigkeiten: Der bahnbrechende 3D-Platformer "Super Mario 64", der 1997 als Launch-Titel für das Nintendo 64 erschien, hat etwa auf den ersten Blick überhaupt nichts mit Kameras zu tun - dabei wird die gesamte Action von einer Kamera live eingefangen! Euer Kameramann ist nämlich ein süßer kleiner Lakitu, der an seiner Angel eine Filmkamera hängen hat. Er fliegt Mario auf seiner Wolke hinterher und behält ihn immer im Bild, so dass ihr am Ende sehen könnt, was der Klempner tut. Mit den gelben C-Knöpfen könnt ihr Lakitu in begrenztem Umfang steuern, um so die Kameraperspektive des Spiels zu verändern. Selbst sehen könnt ihr Lakitu allerdings nicht - bis auf eine Ausnahme: Den großen Spiegelsaal im ersten Obergeschoss des Schlosses! Dort bekommt Lakitu über den Spiegel nämlich doch mal sich selbst ins Bild. Auch Link, der Held der "Zelda"-Reihe, besitzt eine Kamera. Sowohl in "Zelda: Majora's Mask" als auch noch einmal in "Zelda: The Wind Waker" erhält Link die so genannte Foto-Box, wobei es sich um eine Kamera aus Holz handelt. Mit ihr müssen bestimmte Charaktere oder Situationen eingefangen werden, um Quests zu erfüllen. In "The Wind Waker" erhaltet ihr sogar die sehr umfangreiche Sammelaufgabe, dass ihr tatsächlich jeden einzelnen Charakter des Spiels auf Bild festhalten müsst. Und auch im aktuellen "Zelda: Breath of the Wild" für die Switch gibt es eine Kamera - mit ihr sollt ihr bestimmte Orte in Hyrule anhand uralter Bilder aufspüren und sie dann so fotogafierne, wie sie jetzt aussehen. In "Portal" dagegen werden die Kameras von niemandem bedient, sie sind einfach fest in den Testkammern installiert. Nichtsdestotrotz behalten euch die Überwachungskameras immer im Blickfeld, und je nachdem, was ihr vor der Kamera anstellt, gibt die Computerstimme GLaDOS auch mal einen bissigen Kommentar von sich. Wer sich zu sehr beobachtet fühlt, kann die Kameras auch einfach von der Wand ballern - wer das wirklich bei ausnahmslos allen Kameras durchzieht, verdient sich damit sogar ein Achievement. Auf den eigentlichen Spielverlauf haben die Kameras aber im Grunde keine Auswirkung. Kameras in Spielen dienen aber natürlich nicht nur für solche netten Gags wie bei "Super Mario 64" oder "Portal", nein, es gibt auch Spiele, in denen die Kamera ein entscheidender Bestandteil der Spielmechanik ist. Ich selbst erinnere mich etwa an "Snapshot", einen Puzzle-Platformer, der 2012 auf Steam veröffentlicht wurde. Ihr steuert einen kleinen Roboter mit Foto-Funktion durch die Welt. Objekte, die ihr fotografiert, verschwinden aus der Welt, können aber an anderer Stelle wieder ins Bild eingefügt werden. Auf diese Weise baut ihr geschickt die Level und bahnt euch einen Weg bis ans Ziel. Ein Spiel, das mir persönlich ehrlich gesagt überhaupt nichts gesagt hat (nicht mal vom Namen her), das aber bei der Recherche immer wieder sehr prominent erwähnt wurde, ist "Polaroid Pete". Erschienen ist das Spiel Anfang der 90er Jahre für den PC, später gab es ein Remake für die Playstation 2, und das Gameplay ist erschreckend nah an "Pokémon Snap". Ihr steuert einen jugendlichen Paparazzi durch die Stadt und fotografiert einfach alles und jeden. Die Hintergrundgeschichte, dass ihr das alles tut, weil eure Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind, scheint etwas aufgesetzt zu sein, aber wie gesagt, ich kenne das Spiel eigentlich gar nicht und hab deshalb auch keine Ahnung von den detaillierten Zusammenhängen. Auf jeden Fall bewertet am Ende der Chef-Redakteur eure Aufnahmen, und dann denke ich mir doch wieder nur: "Das ist doch echt wie Pokémon Snap!" Viele Spiele, die Kameras in den Mittelpunkt rücken, sind Horrorspiele - das bietet sich ja auch gut an, denn es ist ja ein schön gruseliges Element, wenn auf dem Bild plötzlich Dinge auftauchen, die da nicht hingehören. Ein Beispiel ist "Phasmophobia", ein Survival-Horror-Game, das im September 2020 für Steam erschien. Ihr seid Geisterjäger und müsst Geister in einem Spukhaus aufspüren. Neben Taschenlampe, Thermometer, Salz, Kruzifix und ähnlichem Brimborium habt ihr dabei auch eine Fotokamera im Gepäck. Diese könnt ihr nutzen, um bestimmte Spuren zu fotografieren, die ihr euch später noch einmal in Ruhe ansehen wollt. Es kann aber auch passieren, dass auf dem Bild auf einmal eine Spukerscheinung auftaucht, die ihr vorher noch gar nicht wahrgenommen habt. Ebenfalls ein Survival-Horror ist "Project Zero", in den USA bekannt als "Fatal Frame". Der erste Teil erschien Anfang 2002 für Playstation 2 und Xbox, inzwischen gibt es auch schon vier Nachfolger u.a. auch für Wii und Wii U. Auch in "Project Zero" müsst ihr die Geister in einem Spukhaus aufspüren, doch die Kamera - eine so genannte Camera Obscura - ist dabei viel wichtiger als in "Phasmophobia", denn sie dient euch hier auch als Waffe. Den Geistern, die ihr fotografiert, zieht ihr dadurch, dass ihr sie auf Bild bannt, nämlich ihre Energie ab. Sehr nennenswert ist außerdem "Life is Strange", ein Mystery-Adventure, das Anfang 2015 neben Steam auch für Playstation 3 und 4, Xbox 360 und Xbox One erschien. Ihr selbst steuert die Fotografie-begeisterte Studentin Maxine, die eine verschwundene Kommilitonin sucht. Doch obwohl ihr die Polaroid-Kamera im Spiel immer dabei habt, spielt sie im Gameplay doch nur eine Nebenrolle. Der eigentlich Kerninhalt des Gameplays ist Maxines Fähigkeit, in begrenztem Umfang die Zeit zurück zu drehen. Apropos "drehen": Eure Runden drehen könnt ihr bekanntlich in "Mario Kart". Im Herbst 2020 erschien mit "Mario Kart Live: Home Circuit" ein etwas ungewöhnlicher Ableger für die Switch. Hier könnt ihr die Rennstrecken nämlich tatsächlich in eurem Wohnzimmer aufbauen und diese dann mit einem echten kleinen Modull-Mario-Kart abfahren. In das kleine Auto ist auch eine Kamera integriert, die das Spielgeschehen auf den Bildschirm der Switch überträgt - dort werden von der Software dann noch Item-Boxen, Hindernisse und natürlich die Mitfahrer virtuell eingefügt, so dass ihr tatsächlich ein echtes "Mario Kart"-Rennen durch eure vier Wände absolvieren könnt. Eine sehr innovative Idee, schade nur, dass es so teuer ist. "Mario Kart Live" ist aber natürlich nicht die neueste Gelegenheit, bei der Nintendo eine Kamera-Hardware konstruiert, ganz im Gegenteil: Bereits 1998 erschien die Gameboy Camera als Zubehör für den klassischen alten Gameboy. Sie ermöglichte es, kleine Schwarz-Weiß-Fotos zu schießen. Mit einem separat erhältlichen Drucker ließen sich die Bilder auch in Briefmarken-Größe ausdrucken. Außerdem ließen sich die Bilder mit Stickern verzieren, und es waren auch ein paar Minispiele mit an Bord, in die ihr eure Fotos integrieren könnte - beispielsweise Jonglieren, und dem Jongleur konntet ihr euer eigenes Gesicht aufsetzen. Ich erinnere mich auch daran, dass in der damaligen Kinder-Medien-Zeitschrift "Kids Zone" die im Heft abgedruckten Selbst-Portraits der Redakteure mit der Gameboy Camera entstanden waren. Jahre später erschien der Nintendo 3DS, der bereits von Haus aus gleich drei Kamera mit an Bord hat. Mit ihnen ließen sich tatsächlich waschechte 3D-Fotos schießen, wenn auch in etwas dürftiger Qualität. Auch manche Games griffen auf die Kameras zurück, etwa der "Pokémon Traumradar" bei dem ihr die Wetter-Legendären der fünften Generation durch eure Wohnung jagt. Oder "Yo-kai Watch", hier schießt ihr Bilder, auf denen dann plötzlich verschiedene Yo-kai auftauchen. Allerdings: Man muss keine zusätzliche Hardware kaufen, um in allen möglichen Spielen Spaß als Fotograf zu haben. Tatsächlich ist die Kunstform das "Game Photography" oder "Screenshot Art" im Entstehen. Von der herkömmlichen Fotografie, bei der der Fotograf reale Landschaften, Bauwerke oder Tiere ablichtet, unterscheidet sich die Game Photography dadurch, dass sämtliche Aufnahmen innerhalb eines Spiel entstehen - entweder mit einer tatsächlich integrierten Foto-Funktion oder auch einfach nur als Screenshot. Spiel-Fotografen suchen sich besonders fotogene Punkte der Spielwelt oder auch besonders beeindruckende Situationen und halten diese eben im Bild fest. Prinzipiell möglich ist Game Photography vermutlich in nahezu jedem Spiel, aber je offener Spielwelt, desto besser - Titel wie etwa "Minecraft", aber auch etwa "Zelda: Breath of the Wild", "Assassin's Creed", "Skyrim" und andere sind einfach perfekt dafür! Eins der ersten Spiele, in denen der Trend ab etwa 2006 begann, war die MMO-Lebenssimulation "Second Life". Und ich selbst erinnere mich, dass ich früher besonders gern mit der Foto-Funktion in "Super Smash Bros. Brawl" und später auch "Super Smash Bros. für Wii U" gespielt habe.