POINT & CLICK ADVENTURES Heute möchte ich euch einmal ein ganzes Genres vorstellen, und zwar das der Point & Click Adventures. Den Point & Click Adventures vorausgegangen waren Text-Adventures, die es bereits seit den 70er Jahren gab. Das erste von ihnen trug den schlichten Titel "Adventure" und wurde von William Crowther ab 1972 für seine Kinder entwickelt, 1976 erschien es auch für die Allgemeinheit. Dieses und nachfolgende Text-Adventures hatten gemeinsam, dass es noch keine Grafik gab. Stattdessen wurde mit Text beschrieben, was gerade passiert, und an einigen Stellen konnte man selbst die Handlung beeinflussen - entweder durch das Eingeben einer Zahl, um zwischen verschiedenen vorgegebenen Alternativen zu wählen, oder gar durch freies Eingeben eines Satzes. Solche Text-Adventures waren als auf jeden Fall sehr leselastig - bald gab es zwar auch ein wenig Grafik, jedoch handelte es sich hierbei immer noch um reine Illustrationen ohne Möglichkeit, mit der optisch dargestellten Spielwelt zu interagieren. Ein erster Schritt gelang der Firma Sierra schließlich 1984 mit "King's Quest": Hier war es möglich, die Figur mit den Pfeiltasten durch die Spielwelt zu bewegen, alle weiteren Aktionen fanden aber nach wie vor per Texteingabe statt. Als das erste richtige Point & Click Adventure gilt "Enchanted Scepters", das von Silicon Beach Software 1984 ausschließlich für der Apple Macintosh herausgebracht wurde. Ein früher Big Player im Genre war dann LucasArts (damals noch Lucasfilm Games), eine Tochterfirma des Filmstudios Lucasfilm - sie kennt man von allem für sämtliche "Star Wars"-Filme, aber u.a. auch für den Dinosaurier-Zeichentrickfilm "In einem Land vor unserer Zeit" oder für den Puppen-Fantasyfilm "Die Reise ins Labyrinth". Letzterer war auch die Vorlage für das Adventure "Labyrinth", das 1986 für Apple II, C64 und MSX erschien. Allerdings war "Labyrinth" noch kein Point & Click Adventure. 1987 entwickelte LucasArts die Script-Sprache "SCUMM" und damit auch ihr erstes Point & Click Adventure "Maniac Mansion", das neben den frühen Heimcomputern auch für das NES erschien. Inhaltlich geht es dabei um eine Gruppe von Jugendlichen, die die Freundin des Haupt-Protagonisten aus dem Haus eines wahnsinnigen Wissenschaftlers befreien müssen. Der Name der Script-Sprache "SCUMM" steht dabei für "Script Creation Utility for Maniac Mansion", aber obwohl "Maniac Mansion" im Titel steht, wurde "SCUMM" später auch für zahlreiche weitere LucasArts-Adventures eingesetzt. Und ja, natürlich ist auch die Scumm-Bar in "Monkey Island" eine titelmäßige Anspielung auf diese Script-Sprache. Das Markenzeichen der SCUMM-Spiele war der zweigeteilte Bildschirm mit dem Verben-Interface. In den oberen etwa zwei Dritteln des Bildschirms seht ihr das eigentliche Spielgeschehen, während ihr im unteren Drittel nicht nur euer Inventar steht, sondern auch einige Buttons mit Verben wie "Gehe zu", "Nimm", "Benutze", "Rede mit" oder "Öffne". So könnt ihr euch Zusammenklicken, was eure Spielfigur letztlich tun soll: "Öffne Tür", "Nimm Schwert", "Gib Fisch an Troll" usw. Weitere wichtige LucasArts-Adventures, die SCUMM nutzen, waren z.B. "zak MacKracken" 1988, die beiden "Indiana Jones"-Adventures "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" 1989 sowie "Indiana Jones und das Schicksal von Atlantis" 1992 ode das Musik-Adventures "Loom" 1990, das anstatt mit Verben mit kurzen Melodien gesteuert wird, und die Vorgeschichte wird in Form eines Hörspiels erzählt, das dem Spiel damals auf Kassette beilag. Übrigens war diese Musiksteuerung später wahrscheinlich auch Inspiration für "Zelda: Ocarina of Time" - das behauptet zumindest der Spieleforscher Jeff Howard. Und ein ganz wichtiges SCUMM-Spiel ist natürlich "The Secret of Monkey Island". Dieses erschien erstmals 1990 für MS-DOS und andere damalige Heimcomputer, außerdem für Sega Mega-CD, und später gab es überarbeitete Neuauflagen für Playstation 3, Xbox 360 und Steam. Erzählt wird dabei die Geschichte des jungen Piraten-Anwärters Guybrush Threepwood, der zunächst eine Piraten-Ausbildung absolvieren muss, um später seine Angebetete Gouverneurin Elaine aus den Fängen des Geisterpiraten LeChuck zu befreien. Bezeichnend ist dabei der Humor, der im Spiel steckt, und das fängt bereits beim Namen der Spielfigur an: .brush war einfach die Dateiendung, und die Datei hieß "guy.brush", weil es eben ein Junge, ein "guy", war - daraus entwickelte sich dann der offizielle Name Guybrush. Witzig kommt auch das Kampfsystem daher, bei dem die Piraten sich niemals ernsthaft verletzen, sondern mit ihren Schwertern vor sich in der Luft herumwedeln und sich dabei gegenseitig Beleidigungen an den Kopf werfen. Es ist einfach herrlich! Nach dem erfolgreichen ersten Teil gab es nur ein Jahr später, also 1991, die nicht weniger gelungene Fortsetzung "Monkey Island 2: LeChuck's Revenge". Danach war, zumindest für mich, leider die Luft raus, wenngleich es noch weitere Nachfolger gab: 1997 erschien "The Curse of Monkey Island", 2000 folgte "Flucht von Monkey Island", und 2009 übernahm Telltale Games die Marke und brachte "Tales of Monkey Island" u.a. auch für die Wii heraus. Inspiriert ist die "Monkey Island"-Reihe übrigens von dem Disneyland-Fahrgeschäft "Pirates of the Caribbean" und hat somit den gleichen Gedankenanstoss wie Jahre später die erfolgreiche Filmreihe "Fluch der Karibik". Natürlich stammen nicht alle wichtigen Adventures aus dem Hause LucasArts. Weitere namhafte Genre-Vertreter waren etwa 1993 "Simon the Sorcerer" von Adventure Soft, ebenfalls 1993 "Myst" von Broderbund, 1996 "Baphomets Fluch" von Revolution Software und ebenfalls 1996 "Toonstruck" von Virgin Interactive mit Schauspieler Christopher Llyod (bekannt als Doc Brown aus "Zurück in die Zukunft") als real gefilmte Spielfigur in der Rolle eines überarbeiteten Comiczeichners. Ab Ende der 90er Jahre war aber ein Sterben des Genres zu erkennen. Die technische Entwicklung machte frühe Ego-Shooter wie "Doom" oder "Quake" möglich, die bei der jünger werdenden Zielgruppe deutlich besser ankamen als Adventures, die viel Kopfarbeit erforderten. Das letzte LucasArts-Adventure "Grim Fandango" erschien 1998 und wurde zwar von der Fachpresse hochgelobt, war aber finanziell ein Flop. Im Folgejahr setzte LucasArts auch die "Indiana Jones"-Reihe mit "Indiana Jones und der Turm von Babel" fort, dieses war aber im Gegensatz zu seinem direkten Vorgänger "Indiana Jones und das Schicksal von Atlantis" kein Point & Click Adventure mehr, sondern ein Action-Adventure im Stil von "Tomb Raider". Inzwischen ist aber wieder ein Aufschwung des Genres zu beobachten. Das verdanken die Adventure-Fans vor allem zwei Entwicklern: Der deutsche Entwickler Daedalic Entertainment aus Hamburg gab seinen Einstand 2008 mit "Edna bricht aus", wobei ihr als gedächtnislose Edna herausfinden müsst, warum ihr in der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie sitzt. 2011 gab es mit "Harveys neue Augen" eine direkte Fortsetzung, und ab 2012 war Daedalic Entertainment erfolgreich mit der "Deponia"-Tetralogie. Der andere wichtige Adventure-Entwickler aus jüngerer Zeit war Telltale Games. Ihre Spiele setzen frühere Adventure-Klassiker fort, neben dem bereits erwähnten "Tales of Monkey Island" erschienen auch "Sam & Max: Season 1" bis "Season 3", die auf dem LucasArts-Adventure "Sam & Max Hit the Road" basieren. Andere Telltale-Adventures haben bekannte Filme oder andere Marken zur Vorlage, so gab es etwa 2010 das hochgelobte "Back to the Future: The Game", das beinahe als 4. Teil der Film-Trilogie durchgehen könnte. Ebenso erscheinen auch "Jurassic Park: The Game", "The Walking Dead", "Game of Thrones", "Minecraft: Story Mode" oder "Batman: The Telltale Series". Und die Spezialität von all diesen Spielen war, dass sie in Episoden erscheinen: Anstatt eines kompletten Spiels auf einmal, erschienen im Abstand von einigen Wochen einzelne Episoden wie bei einer Serie, und alle Episoden zusammen sind dann eine Season. Ende 2018 ging Telltale Games leider pleite, wodurch auch ihre Spiele vorübergehend vom Markt verschwanden. Inzwischen hat aber LGC Entertainment die Rechte an den meisten Telltale-Spielen erworben und macht sie wieder zugänglich. Ach ja, und auch LucasArts hat sich zwischen seinen zahlreichen "Star Wars"-Spielen auch wieder auf seine früheren Erfolge besonnen und brachte 2009 und 2010 überarbeitete Specials Editions der ersten beiden "Monkey Island"-Teile heraus.